Baden-Württemberg
SEIN ODER NICHTSEIN – WER LIEBEN WILL, MUSS STERBEN KÖNNEN
Eigenproduktion nach „Hamlet“ von Shakespeare
Gymnasium Bammental, Bammental
Theater-AG Mittel- und Oberstufe
Spieler:innen: Amira Dorloff / Philine Keitel / Lola Weiglein / Emina Meissner / Jaron Diemer / Unas Behnert / Jonas Fragner
Techniker: Timon Cremers / Max Fanz / Yven Oppermann
Spielleitung: Steffi Bittner / David Biere
Prinz Hamlet hat seinen Vater verloren. Seine Mutter heiratet sehr bald seinen Onkel Claudius. Hamlet erscheint der Geist seines Vaters, der behauptet, von Claudius ermordet worden zu sein und beschwört Hamlet, ihn zu rächen. Zwar hat Hamlet starke Rachegefühle, aber seine Leidenschaft für die schöne Ophelia ist ebenso heftig! Wie ernst ist es Hamlet eigentlich mit Ophelia? Bei Shakespeare sucht man nach Antworten und findet nur Fragen. Konzentrieren wir uns also auf die Liebesgeschichte zwischen Hamlet und Ophelia, denn die wird im Original sträflich vernachlässigt: Das Liebespaar ist genau dreimal zusammen auf der Bühne – und einmal davon ist Ophelia bereits tot… Wie könnten sich die beiden denn kennen- und liebengelernt haben? Sind sie wirklich verliebt und wenn ja, warum ist Hamlet plötzlich so anders Ophelia gegenüber? Hält die Liebe Hamlet von seinen dunklen Plänen ab? Muss er sich entscheiden zwischen Liebe und Rache? Und warum in aller Welt verharrt Ophelia in dieser für sie offensichtlich toxischen Beziehung?
Rezension: „Jeder verdient eine Hauptrolle“
Warum es in der Version von „Sein oder Nichtsein“ von Schülern aus Baden-Württemberg viermal die Ophelia und zwei Mal den Hamlet gibt.
„Ich hasse mich, weil ich dich nicht hassen kann!“ schreit Ophelia – dem Publikum stockt der Atem. Mit dem Stück „Sein oder Nichtsein – wer lieben will, muss sterben können“ vertritt das Gymnasium Bammental Baden-Württemberg beim SDL und bietet eine Eigenproduktion nach Shakespeares „Hamlet“.
„Man sucht bei Shakespeare nach Antworten, aber findet nur Fragen“ heißt es von den Darstellenden. „Wir haben versucht, für uns diese Fragen zu beantworten“.
Im Gegensatz zu dem Originaltext, in dem Ophelia eine hierarchisch untergeordnete Rolle spielt, sowohl ihre Charakterstärke als auch ihre Bühnenpräsenz betreffend, schenkt die Spielgruppe ihr mehr Raum, um die Vielschichtigkeit ihrer Person auszuleben. Dies wird durch die Verkörperung der Rolle durch vier Darstellerinnen ermöglicht, die jeweils einen Persönlichkeitsaspekt Ophelias repräsentieren.
Ihre ambivalente Haltung und Zerrissenheit lassen sich so in einem offenen Dialog zwischen den verschiedenen inneren Stimmen Ophelias dem Publikum näherbringen.
Dabei geht es um junge Verliebtheit in all ihren Farben und Facetten, Grenzüberschreitung, insbesondere sexuellen Missbrauch, Schuldfragen und die Rolle der Frau in einem Machtgefüge, dem sie nicht entrinnen kann.
Hamlet hingegen wird durch zwei Darsteller abgebildet, wobei dieses ungleiche Verhältnis der Rollen den Perspektivwechsel des Stücks unterstreicht.
Ein Konzept, das als Reaktion auf die Coronakrise entstand: In Folge des Lockdowns war die Bammentaler Theater-AG beinahe „ausgestorben“, wodurch der Wunsch, den Darstellenden eine gleichberechtigte Bühnenpräsenz zu verleihen, umso größer wurde.
„Jeder verdient eine Hauptrolle“, das ist die Devise der Inszenierung, betont die Spielleiterin Steffi Bittner.
Die den Inhalt unterstreichende Musikauswahl schlägt durch ihre Bekanntheit und Modernität eine Brücke zu unserer Gegenwart und erleichtert es dem Publikum, sich mit Ophelia zu identifizieren.
Die Verbundenheit und Gemeinschaftlichkeit der Darstellenden wird zum Schlussapplaus besonders deutlich, als sie sichtlich berührt einander in die Arme fallen und das Publikum weiter zu Tränen rühren.
Diese Gruppendynamik wünschen sich die Darstellenden für alle Schultheaterstücke: „Die Schüler sollen mitbestimmen dürfen, was gespielt wird, wie gespielt wird und wo ihre Grenzen sind.“
von Héloïse Neuberg und Franziska Zwicker, MSS 12, Humboldt-Gymnasium Trier