BUNDESWETTBEWERB SCHULTHEATER DER LÄNDER

Schultheater.Rollen | Trier | 16.-21. 09. 2023

Baden-Wür­t­­te­m­­berg

SEIN ODER NICHT­SEIN – WER LIE­BEN WILL, MUSS STER­BEN KÖNNEN 

Eigen­pro­duk­ti­on nach „Ham­let“ von Shakespeare

Gym­na­si­um Bam­men­tal, Bam­men­tal

Thea­ter-AG Mit­tel- und Oberstufe

Spieler:innen: Ami­ra Dorl­off / Phi­li­ne Kei­tel / Lola Weig­lein / Emi­na Meiss­ner / Jaron Die­mer / Unas Beh­nert / Jonas Fragner

Tech­ni­ker: Timon Cremers / Max Fanz / Yven Oppermann

Spiel­lei­tung: Stef­fi Bitt­ner / David Biere

Prinz Ham­let hat sei­nen Vater ver­lo­ren. Sei­ne Mut­ter hei­ra­tet sehr bald sei­nen Onkel Clau­di­us. Ham­let erscheint der Geist sei­nes Vaters, der behaup­tet, von Clau­di­us ermor­det wor­den zu sein und beschwört Ham­let, ihn zu rächen. Zwar hat Ham­let star­ke Rache­ge­füh­le, aber sei­ne Lei­den­schaft für die schö­ne Ophe­lia ist eben­so hef­tig! Wie ernst ist es Ham­let eigent­lich mit Ophe­lia? Bei Shake­speare sucht man nach Ant­wor­ten und fin­det nur Fra­gen. Kon­zen­trie­ren wir uns also auf die Lie­bes­ge­schich­te zwi­schen Ham­let und Ophe­lia, denn die wird im Ori­gi­nal sträf­lich ver­nach­läs­sigt: Das Lie­bes­paar ist genau drei­mal zusam­men auf der Büh­ne – und ein­mal davon ist Ophe­lia bereits tot… Wie könn­ten sich die bei­den denn ken­nen- und lie­ben­ge­lernt haben? Sind sie wirk­lich ver­liebt und wenn ja, war­um ist Ham­let plötz­lich so anders Ophe­lia gegen­über? Hält die Lie­be Ham­let von sei­nen dunk­len Plä­nen ab? Muss er sich ent­schei­den zwi­schen Lie­be und Rache? Und war­um in aller Welt ver­harrt Ophe­lia in die­ser für sie offen­sicht­lich toxi­schen Beziehung?

 

Gale­rie Probenfotos:

sdl23: Baden-Württemberg

Rezen­si­on: „Jeder ver­dient eine Hauptrolle“

War­um es in der Ver­si­on von „Sein oder Nicht­sein“ von Schü­lern aus Baden-Würt­tem­berg vier­mal die Ophe­lia und zwei Mal den Ham­let gibt.

„Ich has­se mich, weil ich dich nicht has­sen kann!“ schreit Ophe­lia – dem Publi­kum stockt der Atem. Mit dem Stück „Sein oder Nicht­sein – wer lie­ben will, muss ster­ben kön­nen“ ver­tritt das Gym­na­si­um Bam­men­tal Baden-Würt­tem­berg beim SDL und bie­tet eine Eigen­pro­duk­ti­on nach Shake­speares „Ham­let“.

„Man sucht bei Shake­speare nach Ant­wor­ten, aber fin­det nur Fra­gen“ heißt es von den Dar­stel­len­den. „Wir haben ver­sucht, für uns die­se Fra­gen zu beantworten“.

Im Gegen­satz zu dem Ori­gi­nal­text, in dem Ophe­lia eine hier­ar­chisch unter­ge­ord­ne­te Rol­le spielt, sowohl ihre Cha­rak­ter­stär­ke als auch ihre Büh­nen­prä­senz betref­fend, schenkt die Spiel­grup­pe ihr mehr Raum, um die Viel­schich­tig­keit ihrer Per­son aus­zu­le­ben. Dies wird durch die Ver­kör­pe­rung der Rol­le durch vier Dar­stel­le­rin­nen ermög­licht, die jeweils einen Per­sön­lich­keits­aspekt Ophe­li­as repräsentieren.

Ihre ambi­va­len­te Hal­tung und Zer­ris­sen­heit las­sen sich so in einem offe­nen Dia­log zwi­schen den ver­schie­de­nen inne­ren Stim­men Ophe­li­as dem Publi­kum näherbringen.

Dabei geht es um jun­ge Ver­liebt­heit in all ihren Far­ben und Facet­ten, Grenz­über­schrei­tung, ins­be­son­de­re sexu­el­len Miss­brauch, Schuld­fra­gen und die Rol­le der Frau in einem Macht­ge­fü­ge, dem sie nicht ent­rin­nen kann.

Ham­let hin­ge­gen wird durch zwei Dar­stel­ler abge­bil­det, wobei die­ses unglei­che Ver­hält­nis der Rol­len den Per­spek­tiv­wech­sel des Stücks unterstreicht.

Ein Kon­zept, das als Reak­ti­on auf die Coro­na­kri­se ent­stand: In Fol­ge des Lock­downs war die Bam­men­ta­ler Thea­ter-AG bei­na­he „aus­ge­stor­ben“, wodurch der Wunsch, den Dar­stel­len­den eine gleich­be­rech­tig­te Büh­nen­prä­senz zu ver­lei­hen, umso grö­ßer wurde.

„Jeder ver­dient eine Haupt­rol­le“, das ist die Devi­se der Insze­nie­rung, betont die Spiel­lei­te­rin Stef­fi Bittner.

Die den Inhalt unter­strei­chen­de Musik­aus­wahl schlägt durch ihre Bekannt­heit und Moder­ni­tät eine Brü­cke zu unse­rer Gegen­wart und erleich­tert es dem Publi­kum, sich mit Ophe­lia zu identifizieren.

Die Ver­bun­den­heit und Gemein­schaft­lich­keit der Dar­stel­len­den wird zum Schluss­ap­plaus beson­ders deut­lich, als sie sicht­lich berührt ein­an­der in die Arme fal­len und das Publi­kum wei­ter zu Trä­nen rühren.

Die­se Grup­pen­dy­na­mik wün­schen sich die Dar­stel­len­den für alle Schul­thea­ter­stü­cke: „Die Schü­ler sol­len mit­be­stim­men dür­fen, was gespielt wird, wie gespielt wird und wo ihre Gren­zen sind.“


von Héloï­se Neu­berg und Fran­zis­ka Zwi­cker, MSS 12, Hum­boldt-Gym­na­si­um Trier