Schleswig-Holstein
HAPPYLAND
Eigenproduktion, angeregt durch Tupoka Ogette
Wolfgang-Borchert-Gymansium, Halstenbek
Darstellendes Spiel
Stufe 11
Spieler:innen:
Jasper Bargmann / Fabian Buchwitz / Judit Platte/ Nike Burgemeister / Mauro Gonzales / Minseo Hwang / Sebastian Jack / Jonas Jaeger / Samuel Löffler / Ida Lüneburg / Ledion Morina / Sophie Oehlckers / Christina Schimanowski / Steven Thiele / Stella Voß / Robin Zurlo
Licht‑, Ton- & Video-Technik: Isabel Beckhaus (Leitung) / Leif-Erik Dose / Jonathan Meier / Finley Quel / Philip Rotax
Spielleitung: Andreas Kroder
Über: Happyland ist eine Welt, in der Rassismus das Vergehen der Anderen ist. In Happyland wissen alle Bewohner:innen, dass Rassismus etwas Grundschlechtes ist. Etwas, das es zu verachten gilt. (Tupoka Ogette) Happyland – das ist der Zustand, in dem weiße Menschen leben, bevor sie sich bewusst mit Rassismus auseinandersetzen.Rassismus passt eigentlich nicht ins Weltbild einer toleranten, modernen Gesellschaft. Und trotzdem ist er allgegenwärtig. Und alle, die scheinbar nicht dazugehören werden als “nicht normal“ oder als „anders“ ausgegrenzt. In Deutschland schafft Rassismus vielfältige Privilegien für weiße Deutsche, die sich und ihre Herkunft nicht erklären oder rechtfertigen und sich als “normal” verstehen dürfen – ohne dass das hinterfragt wird. Wir spielen unsere weiße Rolle, eine Rolle von der wir uns gerne distanzieren würden. Unsere Bühne ist wie ein geschlossener Kühlschrank mit deutschen regionalen Produkten. Alles strahlt in einem kalten weißen Licht. Im Kühlschrank „leben“ die Happyländer quasi wie einheimische Lebensmittel und sie glauben, das ist ihre, ihre ideale tolerante demokratische Welt, ihr Happyland. Alle, die außerhalb sind, sind die Anderen, die nicht in ihre Welt gehören.
Rezension: Kampf gegen die privilegierte Ahnungslosigkeit
Mahnend, beklemmend und dennoch inspirierend: „Happyland“ hält der Gesellschaft den Spiegel vor.
„Happyland“ ist eine Welt, in der Rassismus das Vergehen der Anderen ist. Dieser Leitsatz lag dem 60-minütigen Stück der Spielgruppe aus Schleswig-Holstein zu Grunde. Bühnenbild und Kostüme minimalistischer Art – so kreierten die Jugendlichen aus Halstenbek eine mahnende und beklemmende, dennoch inspirierende Atmosphäre in der voll besetzten Europahalle. „Geh‘ einen Schritt nach vorne, wenn du nachts im Dunkeln keine Angst haben musst, allein nach Hause zu laufen.“ „Geh‘ einen Schritt zurück, wenn du in deinem sozialen Umfeld die einzige Person deines Geschlechts, deiner Sexualität oder deiner Ethnie bist.“
Nach weiteren Fragen dieser Art verbleiben die gesellschaftlich bevorzugten Menschen in vorderster Reihe und die Zuschauenden in ehrfürchtigem Schweigen. Mehrere dieser unterschiedlich inszenierten Szenenfragmente sollen verschiedenste Aspekte von tief in unserer Gesellschaft verankertem, strukturellem Rassismus beleuchten. „Woher kommt eigentlich Schokolade? – Afrika, oder?“ Aus dem Pulk ertönt „Ist Afrika denn ein Kontinent oder ein Land?“ So inszenieren die Jugendlichen vom Wolfgang-Borchert-Gymnasium gelungen die privilegierte Ahnungslosigkeit der Happyländer, metaphorisch für die wirkliche Gesellschaft. Das Stück neigt sich dem Ende zu, der tosende Applaus ebbt ab, wir bleiben nachdenklich zurück. Dass die Verantwortung nachhaltig etwas zu verändern und sich der eigenen Privilegien bewusst zu werden, bei jedem und jeder einzelnen liegt, ist uns nach dieser Inszenierung nochmal klarer geworden.
Vincent Meier-Gerwig und Anne Harden, 13. Klasse Humboldt-Gymnasium