BUNDESWETTBEWERB SCHULTHEATER DER LÄNDER

Schultheater.Rollen | Trier | 16.-21. 09. 2023

Ber­lin (Wild­card)

DOSEN­FLEISCH

von Fer­di­nand Schmalz

Rosa-Luxem­burg-Gym­na­si­um, Ber­lin

Leis­tungs­kurs Dar­stel­len­des Spiel

jahr­gangs­über­grei­fend 11/12

Spieler:innen: Marie Bern­see / Phoi­be Böh­nisch / Max Eggert / Gus­tav Ger­ecke / Miri­am Hel­ler / Sofie Her­zen / Daliah Jür­gens / Melina Mar­di­ni / Lin­da Nguy­en / Julia Stei­nert / Anna Tie­mann / Ana­sta­sia Tril­ler / Oskar Wagener 

Tech­ni­ker: Las­se Schmitt

Spiel­lei­tung und Beglei­tung: Sabi­ne Kün­di­ger / Emma Essin­ger / Georg Frietzsche

Über: Eine Auto­bahn­tank­stel­le: „hier ras­tet man im nir­gend­wo“. Der Ver­si­che­rungs­ver­tre­ter Rolf – ein Spe­zia­list des Unglücks – sucht dort nach Mus­tern und ver­bor­ge­nen Struk­tu­ren. Die Begeg­nung mit Bea­te und Jay­ne – zwei von der Auto­bahn gezeich­ne­ten Kör­pern – ist schick­sal­haft. Die eine hat ihr Eltern­haus an die Auto­bahn ver­lo­ren, die ande­re ist nach einem Unfall an die­sem Un-Ort gestran­det – zube­to­nier­te und über­fah­re­ne Ver­gan­gen­hei­ten. Dazu kommt der Fern­fah­rer, der die mono­to­ne Geschwin­dig­keit der Stra­ße schon ganz im Kör­per hat und prä­zi­se vom Gefühls­stau zu erzäh­len weiß. Rück­blen­den zei­gen die in ihrem Schick­sal gefan­ge­nen Figu­ren, in der Gegen­wart ver­un­fal­len jeg­li­che Ver­su­che von Bezie­hungs­an­bah­nun­gen; die gewünsch­te Frei­heit wird wohl nicht gefun­den. Es bleibt die Sehn­sucht nach Ankom­men und die Suche nach Hei­mat … Der Leis­tungs­kurs des Rosa-Luxem­burg-Gym­na­si­ums aus Ber­lin über­trägt den Inhalt und die beson­de­re Spra­che des Stücks durch eine phy­si­sche Spiel­wei­se. Die Figu­ren haben ihre Hal­tung, ihre Art zu spre­chen, die Schüler:innen nähern sich ihrem Innen­le­ben, indem sie Gefüh­le und Gedan­ken bild­haft nach außen brin­gen. Sie hin­ter­fra­gen ihre Iden­ti­tät, sie expe­ri­men­tie­ren mit ihren „Rol­len-Sehn­süch­ten“.

Gale­rie Probenfotos:

sdl2023: Berlin II

Rezen­si­on: „So lang man in Bewe­gung ist, ver­west man nicht“

Mit dem Stück „Dosen­fleisch“ wur­de das Schü­ler­thea­ter-Fes­ti­val in Trier eröff­net, die Zuschau­er waren begeistert

 

„So lang man in Bewe­gung ist, ver­west man nicht.” Das ist ein Zitat aus dem Thea­ter­thril­ler „Dosen­fleisch“, der von Schü­lern und Schü­le­rin­nen des Leis­tungs­kur­ses Dar­stel­len­den Spiel des Rosa-Luxem­burg-Gym­na­si­ums in Ber­lin zum Auf­takt des Schul­thea­ter­fes­ti­vals in Trier auf­ge­führt wur­de.
Das Werk von Fer­di­nand Schmalz han­delt von Rolf, einem Ver­si­che­rungs­an­ge­stell­ten, der eine fana­ti­sche Nei­gung zu Unfäl­len hat, die­se sam­melt und die unge­wöhn­li­che Häu­fung von die­sen an einer Rast­stät­te unter­sucht. Dort trifft er auf Jay­ne, eine ehe­ma­li­ge Schau­spie­le­rin, und Bea­te, die Rast­stät­ten-Betrei­be­rin, die absicht­lich Unfäl­le ver­ur­sa­chen, um Men­schen das Unvor­her­seh­ba­re erle­ben zu lassen. 

Das Büh­nen­bild ist schlicht gehal­ten. Es besteht aus drei Schil­dern, das ers­te mit der Auf­schrift „Ser­vice“, befes­tigt neben einer The­ke am lin­ken Büh­nen­rand. Das zwei­te hängt in der Mit­te der Büh­ne und es steht „Exit“ dar­auf geschrie­ben. Am lin­ken Büh­nen­rand ist eines mit dem Titel „WC“ ober­halb meh­re­rer Kle­be­strei­fen, die im Lau­fe des Stü­ckes von dem Ver­si­che­rungs­an­ge­stell­ten, mit ver­schie­de­nen „Wun­den“ beklebt wor­den sind. Die­se Wand nutzt er, um die Fäl­le bes­ser ana­ly­sie­ren zu können.

Die­se „Wun­den“, also die Auto­un­fäl­le, spie­geln das The­ma wider.

Außer­dem hän­gen Regen­ja­cken rechts von den Bil­dern. Mit­hil­fe die­ser und den Licht­strei­fen, die am Boden fixiert sind, lässt sich ein Her­aus­kom­men aus der Rast­stät­te auf den ange­le­ge­nen Park­platz erken­nen. Dies wird im Stück mit einem Sprung durch die Tür dargestellt.

Unter der Spiel­lei­tung von Sabi­ne Kün­di­ger ist es den Schü­le­rin­nen und Schü­lern gelun­gen prä­zi­se und über­ra­schen­de Cho­reo­gra­fien zu pas­sen­der Musik auf die Büh­ne zu bringen.

Die sti­li­sie­ren­den Meta­phern als Teil der gesell­schafts-psy­cho­lo­gi­schen Bestands­auf­nah­me kom­men im rasan­ten Rol­len­wech­sel beson­ders gut zur Geltung.

Eben­falls bemer­kens­wert ist das Aus­se­hen der ein­zel­nen Dar­stel­ler. Sie tra­gen, unab­hän­gig des Geschlech­tes, alle einen ein­heit­li­chen Bart, was zum Spie­len der unter­schied­li­chen Rol­len bei­trägt, damit jede und jeder in jede Rol­le schlüp­fen kann, die anhand der Kos­tü­mie­run­gen sicht­bar werden.

Auch die anschlie­ßen­de Befra­gung der Zuschau­er zeigt, dass das Publi­kum sehr begeis­tert ist von den Leis­tun­gen, es war ein­zig­ar­ti­ges Stück mit den dazu­ge­hö­ri­gen Cho­reo­gra­phien, in dem alles bis ins kleins­te Detail struk­tu­riert erar­bei­tet ist.

Pas­sa­gen wie „So lang man in Bewe­gung ist, ver­west man nicht“, brin­gen das Publi­kum nicht nur zum Schmun­zeln, son­dern demons­trie­ren, wie Gedan­ken und Tex­te sinn­lich und leben­dig insze­niert wer­den kön­nen, indem sie her­aus­ra­gen­de Bei­spie­le bieten.

 

Melis­sa Cle­mens, 11. Klas­se, Fried­rich-Wil­helm-Gym­na­si­um Trier