Berlin (Wildcard)
DOSENFLEISCH
von Ferdinand Schmalz
Rosa-Luxemburg-Gymnasium, Berlin
Leistungskurs Darstellendes Spiel
jahrgangsübergreifend 11/12
Spieler:innen: Marie Bernsee / Phoibe Böhnisch / Max Eggert / Gustav Gerecke / Miriam Heller / Sofie Herzen / Daliah Jürgens / Melina Mardini / Linda Nguyen / Julia Steinert / Anna Tiemann / Anastasia Triller / Oskar Wagener
Techniker: Lasse Schmitt
Spielleitung und Begleitung: Sabine Kündiger / Emma Essinger / Georg Frietzsche
Über: Eine Autobahntankstelle: „hier rastet man im nirgendwo“. Der Versicherungsvertreter Rolf – ein Spezialist des Unglücks – sucht dort nach Mustern und verborgenen Strukturen. Die Begegnung mit Beate und Jayne – zwei von der Autobahn gezeichneten Körpern – ist schicksalhaft. Die eine hat ihr Elternhaus an die Autobahn verloren, die andere ist nach einem Unfall an diesem Un-Ort gestrandet – zubetonierte und überfahrene Vergangenheiten. Dazu kommt der Fernfahrer, der die monotone Geschwindigkeit der Straße schon ganz im Körper hat und präzise vom Gefühlsstau zu erzählen weiß. Rückblenden zeigen die in ihrem Schicksal gefangenen Figuren, in der Gegenwart verunfallen jegliche Versuche von Beziehungsanbahnungen; die gewünschte Freiheit wird wohl nicht gefunden. Es bleibt die Sehnsucht nach Ankommen und die Suche nach Heimat … Der Leistungskurs des Rosa-Luxemburg-Gymnasiums aus Berlin überträgt den Inhalt und die besondere Sprache des Stücks durch eine physische Spielweise. Die Figuren haben ihre Haltung, ihre Art zu sprechen, die Schüler:innen nähern sich ihrem Innenleben, indem sie Gefühle und Gedanken bildhaft nach außen bringen. Sie hinterfragen ihre Identität, sie experimentieren mit ihren „Rollen-Sehnsüchten“.
Rezension: „So lang man in Bewegung ist, verwest man nicht“
Mit dem Stück „Dosenfleisch“ wurde das Schülertheater-Festival in Trier eröffnet, die Zuschauer waren begeistert
„So lang man in Bewegung ist, verwest man nicht.” Das ist ein Zitat aus dem Theaterthriller „Dosenfleisch“, der von Schülern und Schülerinnen des Leistungskurses Darstellenden Spiel des Rosa-Luxemburg-Gymnasiums in Berlin zum Auftakt des Schultheaterfestivals in Trier aufgeführt wurde.
Das Werk von Ferdinand Schmalz handelt von Rolf, einem Versicherungsangestellten, der eine fanatische Neigung zu Unfällen hat, diese sammelt und die ungewöhnliche Häufung von diesen an einer Raststätte untersucht. Dort trifft er auf Jayne, eine ehemalige Schauspielerin, und Beate, die Raststätten-Betreiberin, die absichtlich Unfälle verursachen, um Menschen das Unvorhersehbare erleben zu lassen.
Das Bühnenbild ist schlicht gehalten. Es besteht aus drei Schildern, das erste mit der Aufschrift „Service“, befestigt neben einer Theke am linken Bühnenrand. Das zweite hängt in der Mitte der Bühne und es steht „Exit“ darauf geschrieben. Am linken Bühnenrand ist eines mit dem Titel „WC“ oberhalb mehrerer Klebestreifen, die im Laufe des Stückes von dem Versicherungsangestellten, mit verschiedenen „Wunden“ beklebt worden sind. Diese Wand nutzt er, um die Fälle besser analysieren zu können.
Diese „Wunden“, also die Autounfälle, spiegeln das Thema wider.
Außerdem hängen Regenjacken rechts von den Bildern. Mithilfe dieser und den Lichtstreifen, die am Boden fixiert sind, lässt sich ein Herauskommen aus der Raststätte auf den angelegenen Parkplatz erkennen. Dies wird im Stück mit einem Sprung durch die Tür dargestellt.
Unter der Spielleitung von Sabine Kündiger ist es den Schülerinnen und Schülern gelungen präzise und überraschende Choreografien zu passender Musik auf die Bühne zu bringen.
Die stilisierenden Metaphern als Teil der gesellschafts-psychologischen Bestandsaufnahme kommen im rasanten Rollenwechsel besonders gut zur Geltung.
Ebenfalls bemerkenswert ist das Aussehen der einzelnen Darsteller. Sie tragen, unabhängig des Geschlechtes, alle einen einheitlichen Bart, was zum Spielen der unterschiedlichen Rollen beiträgt, damit jede und jeder in jede Rolle schlüpfen kann, die anhand der Kostümierungen sichtbar werden.
Auch die anschließende Befragung der Zuschauer zeigt, dass das Publikum sehr begeistert ist von den Leistungen, es war einzigartiges Stück mit den dazugehörigen Choreographien, in dem alles bis ins kleinste Detail strukturiert erarbeitet ist.
Passagen wie „So lang man in Bewegung ist, verwest man nicht“, bringen das Publikum nicht nur zum Schmunzeln, sondern demonstrieren, wie Gedanken und Texte sinnlich und lebendig inszeniert werden können, indem sie herausragende Beispiele bieten.
Melissa Clemens, 11. Klasse, Friedrich-Wilhelm-Gymnasium Trier